Namibia: 4000 Kilometer in drei Wochen

Unterwegs im Land der Stille und Weite

Schon lange hatten wir uns auf Namibia gefreut. Zweieinhalb Mal so groß wie Deutschland, aber nur 2,3 Millionen Einwohner. Stille! Namib, die älteste Wüste der Welt. Geparde, Elefanten, Antilopen und Giraffen – für uns als Tierfreaks das Paradies. Kalahari und Etosha-Pfanne, Orte, die man nur aus Dokumentarfilmen kennt. Aber auch (wenig ruhmreiche) deutsche Kolonial-und Industriegeschichte. Wie nähert man sich so einem Land? Wir näherten uns (logischerweise) mit dem Flugzeug, und zwar mit Qatar Airways. Ein Zwischenstopp in Doha, einem der modernsten Flughäfen der Welt. Was für ein Unterschied zum Windhoek International, der sich im Vergleich dazu ziemlich provinziell und überschaubar, aber auch gemütlich anfühlte.

Geländewagen sind unerläßlich für einen Roadtrip

Schon vorab hatten wir unseren fahrbaren Untersatz gemietet, der uns in den kommenden drei Wochen über 4000 km durchs Land begleiten sollte. Geländegängige, allradgetriebenene Fahrzeuge sind ein absolutes Muss, denn ein Großteil der Straßen Namibias ist unbefestigt. Man verbringt viel Zeit auf ausgefahrenen Schotterpisten. Tipp: Hier sollte man nicht sparen und zu einem der größeren, „hochbeinigeren“ Geländewagen greifen – was wir übrigens dummerweise nicht getan haben. Zum Beispiel bei Tui Cars (Guter Vor-Ort Service von Europcar und umfassendes Versicherungspaket). Die ersten zwei Nächte verbrachten wir zur Akklimatisierung in Windhoek. 1650 Meter über Meeresspiegel und über 30°C. Die erste Person, mit der wir auf der Straße ins Gespräch kamen, war ein farbiger Einwohner Windhoeks, der einen Großteil seiner Jugend in Ost-Berlin verbracht hatte. Er hatte uns sofort als Touristen identifiziert und salutierte in akzentfreiem Deutsch mit dem Pioniergruß „Immer bereit!“. Für uns, aus München und dem Ruhrgebiet stammend, eine recht bizarre Erfahrung. Und ein erster Hinweis darauf, wie viel Namibia, das ehemalige Deutsch-Südwest, sowohl als Kolonie bis zum ersten Weltkrieg als auch als sozialistisches Partnerland der DDR mit uns und unserer unmittelbaren Geschichte zu tun hat.

Am Wendekreis des Steinbocks

Unsere Reise-Route

Anders als viele Besucher, die sich zumeist im Dreieck Windhuk, Namib und Etosha bewegen, planten wird die größere Runde. Sie führte uns bis in den Süden und an die Grenze Südafrikas. Zuerst 550 Kilometer in die Kalahari, an die Grenze des Transfrontierparks und damit ins Dreiländereck Botswana, Südafrika und Namibia. Übernachtung in kleinen Chalets. Von dort ging es westwärts zum zweitgrößten Canyon der Welt, der Fish River Schlucht. Immer weiter westwärts fuhren wir entlang der Grenze des Sperrgebietes, in dem seit über 100 Jahren Diamanten geschürft werden. Die Eisenbahntrasse, die am Küstenort Lüderitz endet, liegt bestimmt ebenso lange still. Die Namib durchquerten wir Richtung Norden mit einem Aufenthalt in Sesriem bei Sossusvlei. Dieser Ort mitten in der Wüste mit der größten Düne der Welt und dem versteinerten Wald ist sicherlich einer der meistbesuchten und -fotografierten Orte im Land. Aufgrund der Hitze (Temperaturen lag über 40 °C) freuten wir uns schon auf die nächste Station. Die Küstenstadt Svakopmund mutet fast mediterran an mit ihren gemäßigten Temperaturen in der heißen Jahreszeit. Doch wir wollten wieder in die Natur. Nächste Station: die Erongo-Berge. In der hervorragenden Erongo Mountain Lodge übernachteten wir zum ersten Mal in Zelten. Zugegeben ziemlich luxuriösen Den nördlichsten Punkt unserer Rundreise bildete das Etendeka Gebirge, von wo aus wir in die Etosha fuhren. Am östlichen Ende des großen Salzsees verbrachten wir noch einige ruhige Tage in einer Lodge, in der wir von unserem Zelt aus die Tiere am nahegelegenen Wasserloch beobachten konnten. Ausgeruht ging es wieder nach Windhoek und heim nach Deutschland.

5 Dinge, die man in Namibia gemacht haben muss

Jeepfahrt in den Fish River Canyon. Eines der absoluten Highlights unserer Reise. Die Fishriver Lodge ist unmittelbar am Canyon gelegen. Man blickt vom Bungalow aus in die 500 Meter tiefe Schlucht. Atemberaubend! Früh am Morgen gingen wir mit Guide Jerry, der eigentlich Jerome heißt, und einem sehr netten Paar aus Neuseeland auf Jeep-Tour an den Fuß der Schlucht. Für die 27 Kilometer Strecke benötigten wir zweieinhalb Stunden – one way. Es ging über Stock und Stein, über schmale Pässe, durch Vulkanlandschaften bis hinab ins Flussbett. Belohnt wurden wir dort durch ein Bad in einem See und viele interessante Geschichten von Jerry. Er erzählte auch, dass die Köcherbäume einzigartig sind und es sie nur im Fish River Canyon gibt. Besitzer und Konservator des Naturschutzgebietes ist übrigens die Familie Rockefeller.

Bratwurst im „deutschen Dorf“ Lüderitz. Wenn auch ein wenig abseits der üblichen Touristen-Routen, ist die deutsche Küstenstadt Lüderitz einen Besuch wert. Sie liegt unterhalb der Namib, direkt am Rande des Sperrgebietes. Seit den 1910er Jahren hat sich hier kaum etwas verändert. Die Beschriftungen der Häuser zeigen die ursprüngliche Verwendung: Turnverein, Kegelbahn und Eisengießerei. Es gibt die Damenschneiderei und natürlich die Brauerei „Hansa“. Und sollte den Reisenden der Hunger nach einer Bratwurst überkommen, kann ihm geholfen werden: Diaz Coffee Shop bietet eine beeindruckende Wurstauswahl, von Thüringer über Frankfurter bis zu Nürnberger Rostbratwurst, prima Kaffee und sogar Bock- und Weizenbier. Übernachtet haben wir in einem netten Bed & Breakfast.

Flug über die Namib. Für viele ist das Erklimmen der größten Düne der Welt bei Sossusvlei ein Pflichtprogramm. Wir haben uns den Wüstentrip wegen der hohen Temperaturen erspart. Um den versteinerten Wald und die Skelett-Küste trotzdem zu sehen, haben wir einen Rundflug gebucht. Von Svakopmund aus leicht zu organisieren. Ein Buschpilot (der übrigens genauso aussah, wie man ihn sich vorstellt) flog uns in seiner Cessna zweieinhalb Stunden über die Namib. Er zeigte uns Dinge, die man so nur von oben zu sehen bekommt. Mindestens genauso beeindruckend wie die spektakuläre Dünenlandschaft ist die verlassene Mine unweit der Küste. Dort suchten vor 150 Jahren deutsche Glücksritter nach Diamanten. Beim Flug entlang der Küste erklärten die zahlreichen Schiffswracks, warum dieser Teil Namibias den Namen Skeleton Coast trägt. Morbide schön.

Safari in der Etosha Pfanne. Die Safari im Etoshapark Naturschutzgebiet gehört zur Reise wie das Hofbräuhaus zu München. Wir verbrachten insgesamt vier Tage in einer wunderbaren Lodge, direkt jenseits der östlichen Grenze des Parks. Von hier aus fuhren wir ein- bis zweimal täglich mit einem Fahrer im offenen Jeep auf 3- bis 4-stündige Tour in den Park. Man kann es auch als Selbstfahrer machen, aber die erfahrenen und zumeist sehr motivierten Guides wissen einfach besser, wo sich die Tiere zu welcher Tageszeit aufhalten. So sahen wir Elefanten (mit Babys!), Giraffenherden im Sprint, ein Nashorn, jede Menge Antilopen, Geparden und sogar einen der extrem schwer zu findenden Leoparden. Es ist schon eine ganz besondere Erfahrung, wenn der Löwe drei Meter neben der Straße liegt. Oder du die Fahrt nicht fortsetzen kannst, weil sich zwei pubertierende Giraffenbullen unbedingt auf der Straße vor dir prügeln müssen.

Der Himmel über Namibia. Das Etendeka Gebirge ist erst seit weniger als 20 Jahren touristisch erschlossen, wobei „erschlossen“ etwas übertrieben ist. Es gibt nur einige wenige Lodges. Für Leute, die Stille, Einsamkeit und eine absolut spektakuläre, wenn auch karge Landschaft suchen, genau richtig. Man kann Bergelefanten und Bergzebras sehen, Giraffen laufen frei umher. Das ökologische Etendeka Mountain Camp, in dem wir zu Gast waren, liegt buchstäblich im Nirgendwo und kommt fast vollständig ohne Elektrizität und künstliche Beleuchtung aus. Die komplette nächtlichen Dunkelheit offenbart einen Sternenhimmel, der seinesgleichen sucht. Die Sterne der südlichen Hemisphäre sind in beeindruckender Klarheit zu sehen. Sternschnuppen garantiert. Romantik auch.

Ein wenig Beschäftigung mit dem deutschen Erbe. Man muss seinen Namibia-Urlaub nicht zu einer Bildungsreise gestalten. Aber alles macht mehr Sinn und auch Spaß, wenn man sich ein wenig auf die Reise vorbereitet und vor Ort die Augen und Ohren offen hält. Es ist nun einmal ein Fakt, daß Deutsch dort eine der Umgangssprachen ist und Deutschland als ehemalige Kolonialmacht ein unrühmliches Erbe hinterlassen hat. Zigtausende Hereros wurden von den Kolonial-„Herren“ in die Wüste getrieben und umgebracht. „Das Deutsche“ ist allgegenwärtig. In Beschriftungen alter Industriegebäude, dem Ost-Berliner Jungpionier aus Windhoek oder dem deutschsprachigen Radiosender Funkhaus Namibia. Da wird samstagmittags schon mal das NDR „Hafenkonzert“ live übertragen. Umso wichtiger ist es, dies alles einsortieren zu können. Wir empfehlen einen guten Reiseführer (wir fuhren gut mit Stefan Loose Reiseführer Namibia) und die Lektüre von Gerhard Seyfrieds hervorragendem Roman „Herero“ oder Lucia Engombe & Peter Hilliges „Kind Nr. 95. Meine deutsch-afrikanische Odyssee“.

Namibia, Roadtrip

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