Zum Hauptinhalt springen

Migräne – Neue Hoffnung durch Vagusnervstimulation

Es ist weit mehr als nur ein „starker Kopfschmerz“. Für viele Betroffene bedeutet eine Migräne-Attacke tagelanges Ausgeliefertsein: pulsierende Schmerzen, Lichtempfindlichkeit, Übelkeit, Sehstörungen. Jeder Schritt, jede Bewegung, jedes Geräusch kann zur Qual werden. Rund 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung leiden regelmäßig darunter. Jörg Trinkwalter, Experte für Medizintechnik und digitale Gesundheitslösungen, hat eine Methode gefunden, das Leiden zu lindern.

Von Migräne sind Frauen deutlich häufiger betroffen als Männer. Die Suche nach einer wirksamen Therapie gestaltet sich oft langwierig. Viele Medikamente helfen nur bedingt oder verursachen Nebenwirkungen, die den Alltag zusätzlich belasten. Wer regelmäßig Schmerzmittel nimmt, riskiert zudem sogenannte medikamenteninduzierte Kopfschmerzen. Und so beginnt für viele ein Kreislauf, der schwer zu durchbrechen ist. Doch nun gibt es eine vielversprechende neue Möglichkeit: Die transkutane Vagusnervstimulation – kurz tVNS – könnte für viele Migränepatienten eine wirksame und gut verträgliche Ergänzung zur bisherigen Therapie darstellen.

Was ist die transkutane Vagusnervstimulation?

Der Vagusnerv ist einer der längsten und wichtigsten Nerven im Körper. Er verläuft vom Gehirn über Hals, Brustraum bis in den Bauch und spielt eine zentrale Rolle im sogenannten parasympathischen Nervensystem – also im Teil des Nervensystems, der für Entspannung, Regeneration und innere Balance zuständig ist.

Bei der tVNS wird ein äußerlich zugänglicher Ast dieses Nervs an der sogenannten Cymba Conchae durch leichte elektrische Impulse stimuliert.  Das geschieht über ein kleines tragbares Gerät, das über ein Kabel mit einer Elektrode am Ohr verbunden ist. Die Anwendung ist nicht invasiv, also ohne Eingriff, und kann bequem zu Hause durchgeführt werden. Das Gefühl ähnelt einem sanften Kribbeln – viele empfinden es sogar als angenehm.

Wie kann tVNS bei Migräne helfen?

Zahlreiche Studien zeigen, dass die Stimulation des Vagusnervs an der Cymba Conchae (Vertiefung im oberen Teil der Hörmuschel) das Nervensystem positiv beeinflusst – insbesondere Regionen im Gehirn, die bei der Schmerzwahrnehmung und -verarbeitung eine Rolle spielen. Die Aktivierung dieser schmerzmodulierenden Areale kann dazu beitragen, die Häufigkeit, Intensität und Dauer von Migräne-Anfällen zu verringern. Ein weiterer möglicher Effekt: Die Vagusnervstimulation wirkt entzündungshemmend. Da Attacken häufig mit neurogenen Entzündungen im Gehirn verbunden sind, könnte genau hier ein weiterer Wirkmechanismus liegen.

Für viele Patienten besonders wichtig: tVNS kann auch dann sinnvoll sein, wenn Medikamente nicht ausreichend helfen oder schlecht vertragen werden. Und sie lässt sich problemlos mit anderen Therapieformen kombinieren – sei es medikamentös, physiotherapeutisch oder mit Entspannungsverfahren wie Yoga oder Meditation.

Auch das wurde durch wissenschaftliche Studien belegt: Eine 2020 veröffentlichte Meta-Analyse von Borg et al. zeigt eine positive Effektivität der tVNS bei der Behandlung von Migräne. Sie befasste sich mit mehreren klinischen Studien und kam zu dem Schluss, dass die tVNS eine sichere und vielversprechende Behandlungsoption für Migräne darstellt, insbesondere bei Patienten, die nicht ausreichend auf medikamentöse Therapien ansprechen.

3 Dinge, die du über tVNS bei Migräne wissen solltest

  • Es ist keine Wunderwaffe – aber ein Baustein.
 Die Vagusnervstimulation heilt keine Migräne. Aber sie kann dazu beitragen, die Beschwerden deutlich zu lindern. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass sich bei vielen die Zahl der Attacken reduziert und auch die Schmerzintensität nachlässt – gerade bei regelmäßiger Anwendung. Es gibt in der Wissenschaft auch dokumentierte Fälle, die eine komplette Linderung der Migräne erfahren haben – das ist aber nicht die Regel.   
  • Die Anwendung ist alltagstauglich und auch für Kinder anwendbar.
 Die Geräte zur transkutanen Vagusnervstimulation sind klein, tragbar und einfach zu bedienen. Viele Betroffene nutzen sie morgens oder abends – etwa 60 Minuten pro Tag reichen oft aus. Die Anwendung ist schmerzfrei und erfordert keine medizinischen Vorkenntnisse. Es gibt transkutane Geräte, die als Medizinprodukt für die Anwendung bei Kindern ab drei Jahren zugelassen sind. Das verdeutlicht die Sicherheit der Anwendung.  
  • Nebenwirkungen sind selten.
 Die meisten Anwender berichten höchstens von leichtem Kribbeln, einem warmen Gefühl oder minimalen Hautirritationen am Ohr. Schwere Nebenwirkungen sind nach aktuellem Wissensstand sehr selten.

Ein neuer Weg für mehr Lebensqualität

Die transkutane Vagusnervstimulation bietet eine vielversprechende, nicht invasive Behandlungsoption für Migräne-Patienten, insbesondere für diejenigen, die mit herkömmlichen Therapien nicht ausreichend Erfolge erzielen. Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen die Wirksamkeit und Sicherheit der Methode, was sie zu einer wertvollen Alternative für die Betroffenen macht. Die regelmäßige Anwendung könnte helfen, die Häufigkeit und Intensität von Anfällen zu verringern, mit relativ wenigen Nebenwirkungen.

Migräne, Vagusnervstimulation

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert