Produktwahl: Ist teuer gleich mit gut?

Die Frage stellt sich bei der Wahl von Kosmetik- und Pflege-Artikeln. Aber geht die Gleichung tatsächlich auf? Luxus-Produkte sind elegant, edel, unverkennbar. Alleine mit der Verpackung drücke ich aus, dass ich mir damit etwas Besonderes leiste. Dagegen kommen günstigere Produkten meist in schlichterer Aufmachung daher. Doch selbst wenn das Auge weniger verwöhnt wird, muss man deshalb beim Inhalt auch weniger Qualität in Kauf nehmen?

Im vergangenen Jahr führte das Marktforschungsinstitut Statista eine bundesweite Verbraucher-Umfrage zum Thema Produktwahl durch. 6,01 Millionen der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahre gaben an, dass sie sich „bei Kosmetik, Körperpflege gern etwas teurere Produkte leisten“. Was zum Kauf verführt ist meist die schöne Optik, das Image der Marke und eine verheißungsvolle Werbung. Aber ist teuer auch gleichzeitig besser? Generell stimmt das sicher nicht. Kosmetik-Konzerne stecken Millionenbeträge in die Forschung, und die müssen sich irgendwie amortisieren. Oft zahlt der Verbraucher einen überteuerten Preis für patentierte Formeln mit kryptischen Bezeichnungen oder firmeneigene Entwicklungen von innovativen bzw. seltenen Inhaltsstoffen. Dass diese tatsächlich wirksamer und ihren Preis wert sind, dafür mangelt es fast immer an wissenschaftlichen Beweisen. Und auch darüber muss man sich im Klaren sein: Den einen einzigartigen Wirkstoff, der die Haut jung und gesund erhält gibt es ohnehin nicht. Vielmehr sind es zahllose Substanzen, die den Hautstoffwechsel beeinflussen können.

Produktwahl: natürliche Inhaltsstoffe versus synthetische

Ob eine Brand auf Hightech-Moleküle aus dem Labor setzt oder auf Pflanzenstoffe aus der Natur ist in erster Linie eine Image-Frage und auf die Käufer-Zielgruppe ausgerichtet. Denn ein bekennender Naturkosmetik-Verwender wird niemals Chemie an seine Haut lassen. Trotzdem ein kurzer Hinweis zum Begriff „natürlich“: Solche Substanzen sind nicht unbedingt besser als die synthetischen Alternativen, die in einem Labor hergestellt werden, oder unterscheiden sich gar davon. „Natürlich ist ein klassisches Marketingwort“, sagt Benjamin Knight Fuchs, Apotheker und Gründer der US-Pflegelinie Truth Treatment Systems. „Für einen Chemiker gibt es nichts Natürliches. Der Körper unterscheidet nicht zwischen natürlich und synthetisch, es geht nur um die molekulare Struktur. Wenn ich Vitamin C (aus der Natur) nehme oder es in meinem Labor herstelle, ist es dasselbe Molekül. Ich schaue auf die Zutaten, um zu sehen, ob der Körper sie erkennt.“

In der Regel sind mehrere Inhaltsstoffe nötig, damit ein Produkt funktioniert. Der Minimalismus-Trend mit weniger Inhaltsstoffen, der gerade für empfindliche Haut empfohlen wird, passt nicht zwingend für jeden Hauttyp. Auch was die Konzentration eines Inhaltsstoffes angeht. Wahrscheinlicher ist, dass eine teure Creme einen höheren Anteil davon enthält. Die Konzern-Realität sieht so aus: Bringt ein Beauty-Riese einen neuen Wirkstoff auf den Markt, der in der Werbung dann als „den Pflegemarkt revolutionierend“ bezeichnet wird, ist dessen Weg in die konzerneigenen Cremetöpfe vorgezeichnet. Als erstes wird er exklusiv einer Luxus-Linie aus dem Haus zur Verfügung gestellt wird. Spätestens nach einem Jahr taucht er geringer dosiert auch in den preisgünstigeren Kategorien auf. Sind diese deshalb nun weniger effektiv? Ich denke nicht. Denn wie gesagt macht nicht nur ein einziger Aktivstoff den Erfolg für die Haut aus, sondern das richtige Zusammenspiel mehrerer Substanzen.

Inhaltsstoffe mit Wirksamkeitsnachweis

Ohnehin gibt es nur eine Handvoll Inhaltsstoffe, deren Wirksamkeit wissenschaftlich belegt ist. Die Gesellschaft für Dermopharmazie hat in ihrer im März 2017 aktualisierten Leitlinie „Dermokosmetika gegen Hautalterung“ die Evidenz für die am häufigsten verwendeten Substanzen zusammengetragen. Darin wird ein Wirksamkeitsnachweis in placebokontrollierten Doppelblindstudien am höchsten bewertet. Den können nur folgende Substanzen vorweisen: Retinol, also Vitamin A und seine Derivate, Vitamin C, bestimmte Peptide, Salicyloyl-Phytosphingosin, niedermolekulare Hyaluronsäure, Nicotinamid und Alpha-Liponsäure. Letztere, heißt es, sei für die Haut weniger empfehlenswert, weil es sich Fallberichten zufolge um ein ­potentes Kontaktallergen handelt.

Bei herkömmlichen Anti-Aging-Cremes und Seren ist die Wirkung oft nicht herausragend“, bestätigt Dr. Tatjana Pavicic, Dermatologin mit Schwerpunkt Ästhetik. „Das liegt daran, dass sie zu oberflächlich wirken und meist auch zu wenig von den wirklich wirksamen Inhaltsstoffen aufweisen, da sie sonst zu teuer wären. Das führt dazu, dass meist nur eine kurzzeitige und vor allem linde Verbesserung des Hautbildes stattfindet. Der Langzeiteffekt, den sich die meisten Nutzer wünschen, bleibt oft aus.“

Für den Verbraucher ist es oft schwierig, den Beipackzettel zu „lesen“. Gerade bei Gesichtspflege sollte man bei der Produktwahl darauf achten, dass die wissenschaftlich nachgewiesenen, wirkaktiven Inhaltsstoffe am Anfang der Liste stehen. Noch wichtiger als das, was im Cremetopf an Einzelsubstanzen drin ist, ist, dass man das Produkt täglich anwendet, um eine sichtlich gepflegte Haut zu haben. Nur so verbessert sich das Hautbild und reguliert den Feuchtigkeitshaushalt. Nimmt man als beispielsweise Hyaluron, ist es in seiner natürlichen Form nur kurz haltbar. Es wird vom Körper innerhalb weniger Tage abgebaut und vollständig verstoffwechselt. Nicht zu verwechseln mit dem Unterspitzungsmaterial in der ästhetischen Medizin. Da werden die Hyaluron-Moleküle in zertifizierten Prozessen schonend stabilisiert.

Beim Make-up auf den Preis schauen?

Nimmt man die Preisunterschiede bei der Produktwahl von dekorativer Kosmetik genauer unter die Lupe, stellt man fest, dass der höhere Preis gerade bei Foundation und Lippenstiften mit einer höheren Pigmentierung und längerer Haltbarkeit auf der Haut belohnt wird. Da sollte man etwas mehr Geld investieren. Gerade wenn man täglich Make-up benutzt, ist es wichtig, dass es gleichzeitig pflegend ist und eine angenehme Konsistenz hat, die unsichtbar mit der Haut verschmilzt. Und eine breitere Farbpalette hilft, dass man genau den richtigen Ton für sich findet. Auch beim Lippenstift investiere ich gerne etwas mehr, wenn ich „meine“ Farbe gefunden habe mit einer Textur, die weder die Lippen austrocknet noch schnell verschmiert. Es ist einfach ein No-Go für mich, wenn der Lippenstift an Kaffeetasse, Glas oder Serviette einen roten Abdruck hinterlässt.

Nicht viel kosten muss eine effektvolle Mascara, denn die Texturen aus Wasser, Wachsen, Pigmenten und Filmbildner unterscheiden sich bei den teuren und günstigeren Produkten nicht wesentlich. Vielmehr kommt es auf das Bürstchen an, denn damit erreicht man den gewünschten Effekt. Wünscht man sich mehr Volumen, ist eine dickere Bürste gefragt. Will man eine bessere Definition der Härchen, greift man zu einem dünneren Exemplar mit engstehenden Borsten. Auch beim Nagellack ist das Luxusprodukt laut einer Studie des Portals vergleich.org nicht zwingend der beste. Farbauswahl, Deckkraft, Applikation, Inhaltsstoffe und Haltbarkeit müssen überzeugen. Die Luxus-Marken mit einem Preis von 25 Euro bzw. 45 Euro landeten dabei auf den letzten Plätzen. Meine Favoriten sind Lacke von Brands, die sich ausschließlich auf diese eine Produkt-Kategorie konzentrieren. Denn die verstehen im wahrsten Sinne des Wortes ihr Handwerk!

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