VON DER LASTER-HÖHLE ZUM LUXUS-CABARET

Das Moulin Rouge in Paris feiert 130 Jahre. Vieles hat sich geändert, doch der Champagner fließt wie bei Toulouse-Lautrec

Das hätte sich 1889 der Maler Henri de Toulouse-Lautrec für „sein“ Moulin Rouge sicher nicht träumen lassen: Eine „Schlangenfrau“ mit der Lizenz zum Verbiegen verschränkt die Beine einfach mal hinter dem Kopf oder legt einen ausgestreckten Arm hinter dem Kopf vorbei auf der anderen Schulter ab. Zwei Akrobaten vollführen waghalsige Balance-Bewegungen mit schwindelerregendem Tempo. Eine Tänzerin taucht mit riesigen Pythonschlangen im tiefen Becken. All das gehört 2019 zum Moulin Rouge und seiner Show Féerie. Eine Show vom feinsten, dieser „Feenzauber“. Und, na klar, er darf nicht fehlen, der „French Cancan“, dieser im Moulin Rouge der Belle Epoque kreierte Tanz, bei dem die Damen ihre Beine so hoch schwingen, dass die Röcke fliegen – und beim Bücken auch mal den Blick aufs nackte Hinterteil freigeben. Ein Skandal zu der damaligen, eher prüden Zeit, aber einer, der der Revue allabendlich ein volles Haus garantierte.

60 perfekte Tänzerinnen aus aller Welt

130 Jahre später braucht es da schon mehr: Die 60 Doriss Girls des Moulin Rouge überzeugen mit aufwändig verzierten knallbunten Kostümen, üppigem Feder-Kopfschmuck, akrobatischen Tanzschritten und perfekt abgestimmter Choreographie. Ein Feuerwerk der Farben. Die Girls strahlen, sie singen – ab und zu oben ohne. Sexy sehen sie immer aus, auch wenn die Hinterteile bedeckt bleiben und man höchstens mal einen Trikolore-farbenen Slip blitzen sieht. Tänzerinnen können hier nur die besten werden – meistens Primaballerinen: Alle haben ein Gardemaß von genau 1,75 Meter, ellenlange Beine – nur so klappt der perfekte Spagat. Benannt sind sie übrigens nach der Deutschen Doris Haug, die von 1961 bis zu ihrem Tod 2014 Choreographin der inzwischen internationalen Truppe war. Für die Mädels gelten strenge Regeln, die im Vertrag festgehalten werden. Gewichtskontrolle (mehr als zwei Kilo plus oder minus sind verboten) ist genauso vorgeschrieben wie Haarschnitt und -farbe. Dazu müssen sie täglich trainieren und grenzenlos fit sein. Die Kostüme sind kiloschwer, die Tanzdarbietungen reine Kraftakte.

Eine Hommage an Paris

Für die gesamte Show gilt: Obwohl das Moulin Rouge mit seinen vielen Artisten mit den Jahrzehnten internationaler geworden ist, bietet es trotzdem ein durch und durch französisches Spektakel – und eine Hommage an die Stadt Paris, einst und jetzt. Das gilt auch wieder fürs Programm Féerie, das seit 1999 läuft. Mit gewaltiger Vorleistung: Zwei Jahre wurden die Nummern einstudiert, acht Millionen Euro investiert. Es hat sich gelohnt: Seit 20 Jahren sind die zwei Vorstellungen pro Abend (eine mit Dinner) durchgehend ausverkauft. Übrigens sitzen nicht nur, wie böse Zungen behaupten, asiatische Touristen im Publikum. Immerhin 50 Prozent der Zuschauer kommen aus dem eigenen Land. Und nicht selten herrscht Promi-Alarm: Elton John hat sich hier genauso begeistern lassen wie Liza Minelli, Claudia Schiffer, Penelope Cruz oder Beyoncé. Zum 100. Geburtstag des Moulin Rouge im Jahr 1999 hatte Michaels Jacksons Schwester La Toya einen eigenen Auftritt. Und der gleichnamige Film mit Nicole Kidman verschaffte der „roten Mühle“ noch mal Aufwind.

240.000 Liter Champagner pro Jahr

Von der unschicklichen Lasterhöhle, in der sich die Pariser Bohème traf, ist nicht mehr viel übrig. Damals hatte Startänzerin La Golue ihre umjubelten Auftritte, von den Sittenwächtern argwöhnisch beäugt. Die Plakate von Toulouse-Lautrec, der sie und andere verewigt und unsterblich gemacht hat, hängen immer noch. Und Nostalgie mit Belle-Epoque-Feeling gehört einfach ins Moulin Rouge – wie der French-Cancan oder der Champagner, der hier allabendlich serviert wird. 240.000 Liter sind es pro Jahr, damit ist das Moulin Rouge der größte Champagner-Abnehmer in Frankreich. Das hätte dem Champagner-Liebhaber Toulouse-Lautrec vermutlich sehr gefallen.

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