Für (Frauen-)Körper gibt es keine Trends!
Körper im Fokus. Als die New York Post letztes Jahr auf ihrem Twitter Account verkündete, „the heroin chic is back“, da hat es mich echt gegruselt. Erstens, dass ein ansonsten ernstzunehmendes Presseorgan sich überhaupt auf ein solches Niveau begibt, auch wenn es in dem Post um die offensichtliche Verschlankung der Kardashian-Schwestern Kim und Kloé ging unter dem Motto „curvy ist out, dünn ist wieder in“. Zweitens, dass überhaupt die Figur von Frauen, berühmt oder nicht, ständig kommentiert wird.
Der Körper kein Fashion-Item
Eine Körperform ist doch kein Fashion-Item wie eine It-Bag, die man ausmustert, wenn es aus der Mode gekommen ist und ganz schnell durch etwas Trendigeres ersetzt. Und außerdem kann kein Curvy-Body mit großem Hinterteil, üppigem Busen und schmaler Taille innerhalb einer Saison zu superschlank mutieren, ohne dass nachgeholfen wurde. Bei Kim Kardashian soll die Minimierung ihre Körpers durch Entfernen ihrer Brustimplantate und ihres Kunst-Pos, Brazilian Butt genannt, erfolgt sein. Darüber hinaus soll sie ein verschreibungspflichtigen Diabetes-Medikament geschluckt haben, das auf TikTok Schlankmacher gepriesen wird. Aber das sind alles nur Spekulationen.
Adele auf dem Gewichtsprüfstand
Auch kürzlich bei den Grammys 2023 stand Adeles Gewicht wieder mal wie so oft seit ihrer Verschlankung im Fokus. Dass die stimmgewaltige Sängerin sieben Auszeichnungen erhielt, war weniger Thema in den Medien als ihr Gewichtsverlust. Hinterfragt wurde: Was ist ihr Geheimnis, mit dem sie 50 Kilo abgenommen hat? Sind es inzwischen noch mehr geworden? Ganz Unverschämte posteten, sie könne doch ihrer Tischnachbarin, der US-Rapperin Lizzo, Abnehm-Tipps geben. Auch US-Schauspielerin Selena Gomez kennt sich aus mit verletzenden Bodyshaming-Kommentaren. Als sie gerade im Neujahrsurlaub in Mexico im Bikini fotografiert wurde, wurde sie mit Häme überschüttet. Sie wurde als „dick“ oder „pummelig“ bezeichnet und bekam den Rat „Gewicht zu verlieren“.
Die Body-Positivity-Message hat uns offensichtlich noch nicht erreicht. Was gibt uns das Recht, die Figur bzw. das Gewicht von anderen zu kommentieren. Fühlen wir selbst uns schöner, schlanker, attraktiver, wenn wir derartige Kommentare über Geschlechtsgenossinnen hören oder lesen? Wenn wir im Vergleich besser abschneiden? Dabei wäre es doch erstrebenswert, sich im eigenen Körper wohl zu fühlen, ohne andere herabsetzen zu müssen. Selbstliebe ist das Stichwort.
Männer sind meist außen vor
Hämische Body-Kommentare betreffen meist Frauen, egal ob es sich um Prominenz handelt oder unter uns Normalos stattfindet. Ich kann mich nicht erinnern, dass bei männlichen Promis auf dem roten Teppich jemals ihre Körpermaße thematisiert wurden oder von ihnen Tipps zum Abnehmen erfragt wurden. Aber auch im normalen Leben begrüßen wir wohl kaum Männer mit dem Satz „Mensch, bist du dünn geworden, wie hast du das gemacht?“. Der Mann wiederum, wenn er nur etwas Benehmen gelernt hat, wird nie zu einer Frau sagen: „Du bist zu dick/zu dünn“. Bei Frauen untereinander ist eine Bemerkung zur Figur der anderen gang und gäbe. Auch wenn diese vermeintlich nett gemeint ist, wie „Siehst gut aus“ und gleich hinterher geschoben „Hast du abgenommen?“ Die Botschaft dahinter lautet doch: Vorher sahst du nicht gut aus, weil du zu dick warst. Und so wird sie vom Gegenüber in der Regel auch aufgefaßt.
Unbedachte Worte
Wir haben zwar gelernt, dass wir anderen nicht mir nichts dir nichts eine Ohrfeige verpassen, aber verbale Verletzungen von anderen erlauben wir uns – oft ohne vorher richtig darüber nachgedacht zu haben. Dabei können wir nicht wissen, was solch unbedachte Worte in der anderen Person auslösen. Im schlimmsten Fall können sie ein gestörtes Verhalten zum Essen oder gar Selbsthass triggern. Deshalb sollte man es grundsätzlich unterlassen, den Körper anderer zu kommentieren. Statt sich um Äußerlichkeiten zu kümmern, sollte uns vielmehr interessieren, wie es bei dem anderen Menschen in seinem Inneren aussieht, wie es ihm geht, wie er sich fühlt. Ein liebevollerer Umgang mit anderen hilft uns auch liebevoller zu uns selbst zu sein.
CultureAndCream-Autorin aus München
Beruflich als Beauty-Journalistin zu reisen, war mir nicht genug. Sechs Monate Weltreise haben auch nicht gereicht. Immer wieder zieht es mich in andere Städte, fremde Länder, zu Roadtrips und an Locations, die man kennenlernen sollte. Mich interessieren nicht nur „culture“ und „cream“, sondern auch Menschen, die Geschichten zu erzählen haben. Auf solche Reisen möchte ich euch mitnehmen.